Mein Buch ist top

Last Updated on 16. Januar 2020 by Mirjam Wicki

«Dein Buch ist top! Du bist ein Profi.»

BÄM!!!

Die Worte hat mir jemand geschrieben, dessen Meinung über mein Schreiben mir wichtig ist. Jemand, den ich als sehr differenzierten Menschen kennengelernt habe. Und dann schreibt er diese absoluten Aussagen, ohne sie durch irgendetwas zu relativieren.

Ich stehe im Schilf. Weil ich weiss, dass er recht hat. Und weil ich weiss, dass er nicht recht hat. Weil sich in mir innerhalb einer Sekunde tausend «Aber …» formieren, die ungeduldig zurückgehalten werden von einer resoluten Stimme, die sagt: «Jetzt denk erst mal darüber nach, bevor du dagegen argumentierst!»

Also denke ich nach. Ein bisschen wirr, schliesslich stehe ich an dem Tag vor einer der ganz seltenen Fiebernächte in meinem Leben (was ich natürlich noch nicht weiss). Mitten im Denken stolpere ich über einen Tweet, der argwöhnt, dass es Frauen schwerer fällt, ihre Bücher zu promoten. Weil «Bescheidenheit ist eine Zier» und so.

Ist das der Grund, warum ich jedes Mal ungläubig staune, wenn jemand mein Buch so richtig, richtig mag, und sowas denke wie «Ja, da habe ich halt genau seinen/ihren Geschmack getroffen. Glück gehabt!»? Sagt mir hingegen jemand, dass er den Roman zwar gern gelesen hat, da und dort aber schon Fragezeichen habe oder dies und das nicht so mochte, dann denke ich: «Genau. Ich weiss, dass ich schreiben kann, aber soooo gut ist das Buch natürlich nicht.».

Schon möglich, dass da gelernte weibliche Bescheidenheit hineinspielt (obwohl diese bestimmt nicht zu meinen herausragenden Eigenschaften gehört). Ich weiss aber tatsächlich, dass mein Roman auch Schwächen hat. Ich weiss das so gut wie niemand sonst. Ich habe ihn nämlich geschrieben und verlegt. Niemand kennt die Geschichte besser als ich, niemand ist näher an ihr dran als ich. Niemand weiss besser als ich, wie sehr sie sich verändert hat über die Monate der Entstehung und wie viel mehr sie sich noch hätte verändern können, wenn ich nicht irgendwann gesagt hätte: «Stopp! Genauso wird der Roman veröffentlicht.»

Ich bin Profi genug, um mir nicht einzubilden, das perfekte Buch geschrieben zu haben. Profi genug, um zu glauben, dass es Leute gibt, die mein Buch uneingeschränkt lieben. Profi genug, um durchdachte Kritik gern entgegenzunehmen. Profi genug, um um meine Stärken und Schwächen als Autorin zu wissen (jedenfalls um einige). Auch Profi genug, um zu wissen, dass es nicht unbedingt die besten Bücher sind, die am meisten gekauft werden.

Ich bin aber nicht nur Profi. Ich bin Hobbyautorin und Selfpublishing-Lehrling, und das sage ich nicht aus weiblicher Bescheidenheit, sondern weil ich an lebenslanges Lernen glaube. Ich bin nicht als Meisterin vom Himmel gefallen, sondern habe meine Schreibbegabung über Jahrzehnte trainiert. Ich habe den Kontakt zu meinen Lesern und Leserinnen geübt. Ich lerne, wie Selfpublishing funktioniert, Marketing und Social Media. Ich will Lernende sein, Fehler machen dürfen, etwas ausprobieren, scheitern und überraschend Erfolg haben. Ich will nicht glauben, der Profi sein zu müssen, der alles im Griff hat.

Dein Buch ist top. Und wenn es so wäre? Wenn ich dies einfach ohne Wenn und Aber glauben würde? Das kann ich nicht, das weiss ich nach mehreren Tagen des Nachdenkens und Nachfühlens.

Aber was ich kann, ist sagen: Mein Buch ist gut, und es hat das Potenzial, von Lesern und Leserinnen als Top-Buch angesehen zu werden!

(Ja, das kann ich sagen, aber nicht, ohne dabei ganz unprofihaft und leicht hysterisch vor mich hinzukichern.)

10 thoughts on “Mein Buch ist top”

  1. Ich würde mein gestriges Angebot ‹unter Selbstverleger-Kollegen› widerrufen wollen, nachdem ich heute die Leseprobe zum 2. Mal ein Stück weit las, da ich annahm, mich vielleicht geirrt zu haben im Empfinden der Unstimmigkeit der dramaturgischen Handlung – nachdem aber mein Kommentar ohne Antwort blieb und auch das Sternchen über Nacht spurlos verschwand, muß die Angst groß sein, daß anstelle dieser (sehr mangelhaften) Geschichte jemand doch ein anderes Buch kauft, falls er nur Platz für ein einziges hätte … 😉 – das war’s dann wohl. Geschichten wie diese sind keine Nischenprodukte und sie sind alle gleich geschrieben. Schade. Empfehlen kann ich die Seite leider niemandem aus meinem Bekanntenkreis.
    Auch die tollste Werbung macht noch kein gutes Buch …

    1. Danke für deine Nachrichten. Da ich die letzten Tage ohne Laptop unterwegs war, komme ich erst jetzt dazu, dir zu antworten. Schade, dass dich meine Leseprobe nicht überzeugen konnte. Ich wünsche dir alles Gute für deine Projekte! Liebe Grüsse, Mirjam

      1. Ich habe gelesen, dass du dir schon bei deinen Freunden Trost geholt hast. Das schlimme an seinem Kommentar ist nicht, dass er die Meinung hat, die er hat. Das ist so und er hat gute Gründe dafür, sonst hätte er eine andere. Das schlimme und unnötige daran ist doch, dass er dich teilhaben lässt. Das ist so unnötig wie ein Kropf. Aber er war wohl angepisst wegen irgendwas, was ihm verheißen oder versprochen war.
        Wie du selbst in einem Blogbeitrag danach geschrieben hast, es muss und wird nicht jedem gefallen. Nicht einmal den meisten, so etwas zu wollen, ist gnadenlos anmaßend. Ich zum Beispiel habe nur Verachtung für Harry Potter und 50 Shades übrig, das ist in meinen Augen Schund. Glaubst du denn, das würde jemanden jucken, die Autoren etwa? Das geht denen am Arsch vorbei.

        1. Der Artikel «Mein Buch vermag nicht zu begeistern» bezog sich nicht auf obenstehenden Kommentar, sondern auf die Rückmeldung in einer Leserunde. Und ja, ein Teil von mir ist tatsächlich so gnadenlos anmassend, sich zu wünschen, dass mein Buch allen gefällt.

      2. @natuerlichnackt
        Liebe/r E. – oder T. ? Leider sieht es dieser Blog nicht vor, euch direkt antworten zu können, daher versuche ich es auf diese Weise. Bei genauerem Lesen meines Kommentares auf dieser Seite, wäre dir aufgefallen, daß ich nicht von ‹irgendetwas› «angepißt» war, sondern mir «…da ich annahm, mich vielleicht geirrt zu haben im Empfinden der Unstimmigkeit der dramaturgischen Handlung» so sauer aufstieß, daß ich ebendiesen Kommentar abgab, mein Angebot den Tag zuvor kennst du offenbar nicht; doch ist es auch hier in etwa auszulesen. Nachstehend die konkrete Erklärung an
        @Mirjam
        Die Unstimmigkeit betrifft folgenden Umstand: das Paar befürchtet eines schönen Abends, daß Omi kommende Nacht sterben könnte. Am folgenden Morgen, nachdem sie offenbar irgendwann zu Bett gegangen waren, weiß es -zumindest das Mädchen- daß Omi letzte Nacht verstorben ist. Als sie bei der toten Omi und Valbona ankommen, ist plötzlich davon die Rede/Schreibe, daß sie beide am vergangenen Abend bei Omi gewesen wären, wo jene dieses und jenes zu den beiden ‹Kindern› gesagt hätte. Jedenfalls lese ich das so und das ist eine unerklärbare Ungereimtheit, wo ich mich nur wundern kann und welche mir -im Wortsinn- den Atem verschlägt. Der Stil und die Art, Vorfälle zu beschreiben ist das eine und gefällt oder eben nicht, je nach eigenem literarischem Empfinden bzw Standort – aber solche Schnitzer gleich zu Beginn des Handlungsstranges lassen in keinem Fall Gutes erwarten und sind mir unerklärlich. Daher auch die Zurücknahme meiner Vorschußlorbeeren, ohne zuvor gelesen zu haben, in der Annahme, ein Buch, welches top ist, hat zumindest einen nachvollziehbaren und stimmigen Ablauf. Zurückrudern war für mich daher unvermeidbar.

        1. Lieber Olpo Olponator, danke für deine ausführlichen Zeilen und die Erklärung, was du so unlogisch fandest. Ehrlich gesagt bin ich einfach davon ausgegegangen, dass du den Aufbau mit Gesprächen zwischen Alexa und mir, Kapiteln aus der Gegenwart und solchen aus der Vergangenheit meintest, der dich nicht überzeugen konnte. Nachfragen von meiner Seite hätte sich da wohl gelohnt!
          Zum kritisierten Punkt möchte ich gern sagen, wie es gemeint war: Ian sagt zu Alexa am Ende der ersten Szene «wir lassen sie nicht einfach gehen, ohne uns von ihr zu verabschieden.» Das war der Hinweis darauf, dass sie Grossmama an dem Abend noch besuchen werden. Der Besuch selbst wird nicht beschrieben, sondern erst im Rückblick erwähnt, nachdem die Grossmutter in der Nacht verstorben ist.
          Mein Roman mag seine Schwachstellen haben, und er hat einen eigenen Stil, der gefällt oder nicht gefällt, aber er ist sorgfältig geschrieben, testgelesen, lektoriert und überarbeitet worden. Es ist mir wichtig, grosse Schnitzer und Logikfehler in meinen Büchern zu vermeiden, und ich arbeite hart dafür , dass es so ist und die Qualität in der Hinsicht stimmt.
          Ich könnte mir vorstellen, dass wir gar nicht so unterschiedlich sind in den Ansprüchen, die wir an unsere Werke haben. Falls du wieder Interesse haben solltest an einer Kooperation, darfst du mir diese gern über das Kontaktformular mitteilen, und sonst bleibe ich dabei: Alles Gute für dein Schreiben und danke für deine Erklärung!
          Liebe Grüsse, Mirjam

          1. Mirjam: ‹meinen› und verständlich ‹rüberbringen sind 2 Paar Schuhe. Ich kenne das Problem natürlich und habe -vielleicht- all diese kleinen Stellen in meinen Texten, wo ich selbst doch weiß, was passiert (ist), gefunden. Hoffentlich. Oft erst, nachdem ich zuvor viele Male darübergelesen habe. Fremdleser, die meine Geschichte nichtmal im Ansatz kennen bzw ahnen wie sie endet, haben diese deine/meine ‹Meinung› nicht. Das betrifft die ‹Rückblende›, wie du sie nennst, ebenfalls. DU weißt, daß es eine Rückblende sein soll, sie ist als solche aber nicht zu erkennen für einen mit der Geschichte nicht vertrauten Leser, sondern passiert zufällig – allenfalls für mich. Daher entsteht der Eindruck, daß die Geschichte nicht stimmig ist und ich bin mir sicher, daß ich nicht der Einzige bin, dem es so geht. Möglicherweise ist es bei manchen bloß ein unterschwelliges Gefühl. Und das macht die Struktur echt fahrig für mich, das ist nicht gefällig und löst kein Wohlbefinden beim Lesen aus. Es ist nicht die Art von Überraschungen im Nachhinein, die einen Text u. U. interessant werden lassen. Konkret: eine solch wichtige Sache, daß Omi doch nicht ohne Verabschiedung starb wie der Leser ja befürchtet, als die beiden ‹am nächsten Morgen› zu Valbona kommen, kann man dramaturgisch nicht im Nachhinein nebenbei geschehen lassen, denn da wird’s gleich zu Beginn anstrengend für die aufmerksame Lesebereitschaft…
            Ich glaube nicht, daß wir ähnlich funktionieren – ich schreibe im Grunde wild drauflos, die Struktur bildet sich meist während ich schreibe aus und ich habe kaum nachzubessern, von Tippfehlern und redundanten Füllworten abgesehen. Meinen vermutlich besten Text den ich im Blog eingestellt habe, den 3Teiler «Mit 16…», habe ich jeweils in einem Aufwaschgang geschrieben, wenn auch mit zeitlichem Abstand. Die Reise mit dem Rolla ist ein Nischenprodukt und es war von Anfang an so gedacht und ich bin eher stolz darauf denn betrübt – es war mir klar, daß es einer geringen Anzahl von Lesern gefallen wird, die denaturierten sind in der Überzahl – nach meiner bisherigen Erfahrung ist es eher die intellektuelle Leserschaft, die mit Text und Geschichte etwas anfängt – und von dieser Seite kommt auch Feedback. Offen, ehrlich, meist begeistert, auf jeden Fall aber zustimmend … die schweigende Mehrheit, welche sich beim Titel den üblichen uninteressanten Bahnhofsmist mit Mahlzeiten und zurückgelegten Entfernungsangaben erwartet und auf Nachfrage keine Meinung abgeben kann, interessiert mich eigentlich nicht … 😉
            Alles Gute für dich und danke für deine freundlichen Wünsche !

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