Schreibtipp: Starte nicht beim Anfang

Last Updated on 5. Februar 2020 by Mirjam Wicki

«Wie hast du eigentlich angefangen zu schreiben?», fragt mich das Besuchskind. Ich verstehe die Frage zuerst falsch und schildere ihr den Beginn meiner Schreibkarriere. Erst im Lauf des Gesprächs merke ich, dass die Frage so gemeint war:

«Wie beginnst du einen Text?»

Die junge Nachwuchsautorin hat eine Idee für eine Geschichte, die sie schreiben will. Sie weiss, was passieren soll (und sie wird es mir einmal erzählen, wenn die anderen Kinder nicht dabei sind und zuhören). Sie weiss nur nicht, wie und wo sie beginnen soll.

«Das ist einfach», sage ich und freue mich an ihrem ungläubigen Blick. «Beginne irgendwo in der Mitte.»

Der Anfang ist das Schwerste. Der berüchtigte erste Satz, der sitzen muss, weil er darüber entscheidet, ob der Text gelesen wird oder nicht. Das erste Kapitel, das die Leser*innen der Leseprobe überzeugen und das Buch angemessen repräsentieren muss. Das sind gewichtige Aufgaben, die einem durchaus die ganze Schreibmotivation nehmen können.

Deshalb beginne ich meine Bücher, Blogartikel, Mails, … nicht mit dem ersten Satz, sondern mit dem, was mir auf dem Herzen liegt. Mit dem, was gerade zuvorderst ist.

Wenn ich weiss, wo der Text mich hingeführt hat, verpasse ich ihm einen Anfang. Das kann ganz leicht sein (manchmal stellt sich gar heraus, dass es eben doch der Anfang war, den ich zuerst geschrieben habe). Oder es kann auch im Nachhinein noch sehr schwer sein (manchmal brauche ich dabei Hilfe von unabhängigen Testlesern).

Aber es ist für mich immer einfacher, den Anfang eines bestehenden Textes zu finden, als einen Anfang auf ein weisses Blatt/ein weisses Worddokument zu zaubern.

Ich bin gespannt, was mir die junge Geschichtenschreiberin beim nächsten Besuch erzählt!

Wie beginnst du deine Texte?

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